01.08.2023
Portrait Dr. Alexander Ruhland

Häufen sich die trockenen Sommer, besteht laut Umweltbundesamt die Gefahr, dass Wasser zu einer umkämpften Ressource wird. Der SWM kurier traf Dr. Alexander Ruhland, Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH (TWM), und wollte wissen: Wird in Magdeburg das Trinkwasser knapp?

Herr Dr. Alexander Ruhland, gibt es bald einen Kampf um die Ressource Wasser?

Dr. Alexander Ruhland: Die Wasserversorgung der Bevölkerung hat gegenüber anderen Nutzungsarten grundsätzlich Vorrang, das ist in Deutschland auch gesetzlich so verankert. Auch in Magdeburg ist die Trinkwasserversorgung also gesichert. Zukünftig erwarten wir aber häufigere Trockenperioden – Stichwort Klimawandel. Die Ressource Wasser wird dann knapper werden. Schon heute gibt es unterschiedliche
Interessen hinsichtlich der landwirtschaftlichen Bewässerung, der industriellen Nutzung, des Naturschutzes und der öffentlichen Wasserversorgung. Hier ist es Aufgabe der Behörden, einen Ausgleich der Interessen zu gestalten und gleichzeitig den gesetzlichen Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung sicherzustellen.

Langanhaltende Trockenheit führt zu niedrigen Grundwasserständen. Wie ist die Situation im Raum Magdeburg?

Seit Mitte der 1980er-Jahre gibt es einen klaren Trend zu immer wärmeren Jahren. Parallel dazu beobachten wir seit 1990, dass sich im Einzugsgebiet des Wasserwerks Colbitz weniger Grundwasser natürlich neu bildet. Wir sind jedoch glücklicherweise in der Lage, Defizite bis zu einem gewissen Grad auszugleichen und so die Auswirkungen des Klimawandels zu kompensieren: Wir reichern das natürliche Grundwasser
mit Oberflächenwasser aus dem Fluss Ohre an. Ein System, das auf Vorschlägen der Preußischen Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene von 1930 basiert und seit den 1960er Jahren besteht.

Wird der Grundwasserpegel auch mal wieder steigen?

Die Entwicklung des Grundwasserkörpers sollte immer über mehrere Jahre hinweg interpretiert werden und da bin ich mir sicher, dass die Pegel auch wieder steigen werden. Dennoch: Sachsen-Anhalt ist ein sehr trockenes Bundesland, geprägt vom mitteldeutschen Trockengebiet östlich und südlich des Harzes. 

Nach neueren Untersuchungen am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (Friedrich Boeing & Andreas Marx, 2023), sind im Durchschnitt bis zur Mitte des Jahrhunderts wahrscheinlich keine längerfristigen signifikanten Änderungen bei der Grundwasserneubildung zu erwarten. Gleichzeitig nimmt jedoch die Wahrscheinlichkeit von Dürreereignissen zu. Darauf müssen wir uns vorbereiten.

Um Dürrephasen gut überstehen zu können, wird die Speicherung von Wasser in Zukunft immer wichtiger. Mit dem System Colbitz ist TWM insofern gut aufgestellt: Es verfügt über einen großen unterirdischen Grundwasserspeicher, der gezielt im Winterhalbjahr mit Wasser aus der Ohre aufgefüllt werden kann.

Es muss allerdings dafür Sorge getragen werden, dass in Zeiten, wenn die Ohre viel Wasser führt, mehr Wasser infiltriert und gespeichert werden kann. Dazu müssen technische Anlagen ertüchtigt werden. Entsprechende Maßnahmen befinden sich in Arbeit oder in Planung. Als weitere Möglichkeit prüfen wir die Nutzung zusätzlicher Wasserressourcen.

Das Verhältnis von Tagesspitzenverbrauch zum durchschnittlichen Tagesverbrauch ist in den letzten Jahren angestiegen. Woran lag das?

Generell ist der Einfluss der Witterung bei TWM relativ hoch und liegt erfahrungsgemäß zwischen plus und minus 5 Prozent der durchschnittlichen Abnahmemenge. . Die letzten Jahre waren sehr trocken und teilweise auch sehr warm. Dies führt an manchen Tagen zu sehr hohen Wasserabnahmen, etwa für die Gartenbewässerung oder häufigeres Duschen. Das geht schon auch mal an die Grenzen unserer Aufbereitungskapazität. Prinzipiell könnte diese aber bei Bedarf erhöht werden.

Kind spielt mit Rasensprenger
Trinkglas wird an Wasserhahn befüllt

Fotos: IStock


Rasen im Morgenlicht

Wie sichert TWM die Trinkwasserqualität?

Die Trinkwasserressourcen der TWM sind grundsätzlich von sehr guter Qualität und lassen sich mit einem relativ geringen Aufwand zu Trinkwasser aufbereiten. Die Qualitätskontrolle
erfolgt durch das TWM-eigene Trinkwasserlabor. Ein umfangreiches Monitoringprogramm sorgt dafür, dass wir die Qualität immer im Blick haben und rechtzeitig reagieren könnten, falls sich die Konzentration unerwünschter Stoffe im System negativ entwickeln sollte. Wie bei vielen Wasserversorgern ist das Thema Spurenstoffe zurzeit hoch aktuell, also Stoffe menschlichen Ursprungs, die nicht oder nur schwer abbaubar sind und in sehr geringen Konzentrationen in der Umwelt vorkommen. Dazu gehören zum Beispiel einige Süßstoffe oder Arzneimittel. Normalerweise sind Spurenstoffe angesichts ihrer geringen Konzentration für den
Menschen unbedenklich. Aber es gibt auch viele Stoffe, bei denen wir nur wenig über Verbleib, Umwandlung und Wirkung wissen. Hier benötigen wir von Herstellern und Verbrauchern gemeinsam getragene Anstrengungen zur Minimierung solcher Stoffe.

Sollte jeder Einzelne Trinkwasser sparen? Im Haus, im Garten?

Derzeit und in der absehbaren Zukunft ist genügend Trinkwasser für die Bevölkerung vorhanden. Grundsätzlich sollte jedoch jeder bewusst mit der Ressource Trinkwasser umgehen, sie nicht verschwenden und auch keine schädlichen Stoffe in das Abwasser kippen. Denn diese könnten über den Wasserkreislauf irgendwann wieder in Wasserressourcen gelangen, die für die Trinkwassergewinnung vorgesehen sind.