
Magdeburg ältestes Wohnhaus trotzt seit dem 16. Jahrhundert Wind und Wetter. Prof. Dr. Christian Antz, Kunsthistoriker und Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, hat dem Fachwerkbau nicht nur neues Leben eingehaucht, sondern ihn auch energetisch durchleuchtet.
Im Interview spricht er über überraschende Ergebnisse des SWM Energieausweises, kluge Sanierung und das Wohngefühl zwischen Elbe und Dom.
Sie haben für das älteste erhaltene Wohnhaus Magdeburgs, einen Fachwerkbau aus dem 16. Jahrhundert, einen Verbrauchsausweis erstellen lassen. Was kam heraus?
Prof. Dr. Christian Antz Schon vor Jahren habe ich mit SWM das Haus per Wärmebildkamera geprüft – an einem eiskalten Winterabend. Damals zeigte sich: Trotz Holzsprossenfenstern und dünner Fachwerkwände im Obergeschoss hält das Gebäude erstaunlich viel Wärme. Der neue Energieausweis bestätigt das Ergebnis. Energetisch steht das Fachwerkhaus im Durchschnitt so gut da wie modernisierte Wohngebäude. Für ein 500 Jahre altes Haus ist das mehr als respektabel.
Also ist Energieeffizienz das A und O bei Wohngebäuden?
Energieeffizienz ist wichtig, doch ebenso wichtig ist, dass Haus und Bewohner atmen können. Wer ein Gebäude völlig abdichtet, riskiert Schimmel und Gesundheitsschäden.
Was haben Sie an Ihrem Fachwerkhaus modernisiert?
Fast alles. Im energetischen Bereich konnte keine Außen-, sondern nur eine Innenisolierung erfolgen, mit anorganischen Materialien, einer acht Zentimeter dicken Schicht aus Lehmkügelchen im Putz. Anschließend erfolgte ein Dachausbau in Holzbauweise. Außerdem hab ich neue Gasthermen für vier Wohnungen installieren lassen.
Wie lässt sich in älteren Häusern, die vielleicht sogar denkmalgeschützt sind, die Energieeffizienz steigern?
Wichtig ist, passende Materialien zu verwenden. Die historische Bausubstanz muss zu den neuen, aber oft traditionellen Materialien passen. Etwa Lehm: anorganisch, atmungsaktiv und klimafreundlich. Oder Zelluloseeinblasdämmung, mit der sich Dach und Wände einfach dämmen lassen – im Kern nichts anderes als Holz und Papier.
Erster Schritt ist die Wertschätzung des Bestands. Dann gilt es, Architekten und Handwerker zu finden, die nicht uniform „Kästen“ bauen, sondern wissen, wie Materialien zusammenwirken. Und: keine Angst vor dem Denkmalkauf! Mut zahlt sich aus. Denkmalpfleger sollten als Förderer und Berater und nicht als Blockierer auftreten – nur ein genutztes Denkmal bleibt erhalten.
Ein Zuhause zwischen Elbe und Dom ist einzigartig. Was macht das Fachwerkhaus für Sie besonders?
Neben Energieeffizienz ist vor allem der ästhetische Gesamteindruck eines Hauses für das Wohlbefinden entscheidend: keine Verschandelung, keine Todisolierung. Wohlfühlen für unser doch sehr kurzes Leben, für die Bewohner, die Stadtbevölkerung, den Tourismus, das positive Image von Städten. Sich jeden Tag an einem schönen
historischen Haus zu erfreuen, ist nicht teurer, bringt aber mehr Lebensfreude.